PNP004 - Selbstoptimierung
Ab wann die Selbstoptimierung zum täglichen Stress wird und was man dagegen tun kann.
14.03.2022 28 min
Zusammenfassung & Show Notes
In dieser Episode geht es um die Fragestellung was diese gesellschaftlichen Bilder des perfekten Momentes, des perfekten Körpers und des perfekten Lebens mit uns machen. Wir reden über die Ursachen und Auswirkungen der Selbstoptimierung. Wir erklären warum uns das unter Stress setzt und wie jeder Einzelne das für sich richtige Maß finden kann.
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Transkript
Herzlich willkommen zum
potenziellen Nutzen Podcast.
Bei einer neuen Episode.
Mein Name ist Konstantin Kowalski.
Und mein Name Stephan Buchsteiner und
unser Ziel ist es, euch mitzunehmen,
bei einem Blick auf Alltagsphänomene
aus der psychologischen Perspektive.
Mal ein bisschen so drauf zu gucken und
weißt du ich habe Dir heute mal ein Thema
mitgebracht, was mich in den letzten Tagen
so bewegt, dass ist Selbstoptimierung.
Ich bekomme nämlich ständig irgendwelche
Apps, in denen drinsteht, dass ich
Yoga machen soll, ein Tagebuch führen.
Und da habe ich gedacht sag mal
führst du ein Tagebuch.
Nee, also ich habe das mal,
ich glaube, wir alle von uns
in der Schulzeit gemacht.
So zweite, dritte Klasse, da
probiert man das mal aus.
Das war ein Poesiealbum.
Ich wollte gerade sagen, aber ich bin
dann umgestiegen zu "Mein Freunde Buch".
Ja, aber das hat dann auch nur
bis zur fünften Klasse gehalten.
Also so richtig Selbstoptimierung im Sinne
von Tagebuchschreiben
betreibe ich da nicht.
Nein.
Also
als Psychologe wird das ja, empfiehlt man
das ja allen möglichen Leuten,
im Coaching Tagebuch führen.
Aber ich muss ernsthaft sagen,
wenn ich dann so
überlege, was ich alles tun müsste.
Es geht ja los.
Du sollst ja morgens aufstehen und dann
sollst du anfangen und
sagen: "Ja, ich mach Yoga".
Dann sollst du anfangen ein Essens-
Tagebuch zu führen, dann
ein Tagebuch der guten Dinge.
Ich käme überhaupt nicht zum aufstehen,
duschen, anziehen und irgendwie loslegen.
Weil ich quasi die erste Stunde
ausschließlich mit Tagebuch und
Selbstoptimierung beschäftigt wäre.
Also ich finde das ja total anstrengend
sich die ganze Zeit zu überlegen,
was man alles nicht tut.
Ich glaube, es kommt ja auch so ein
bisschen auf die eigene Motivation dabei
an, also körperliche Fitness
und gesunde Ernährung.
Ist ja an und für sich nichts schlechtes.
Also da vielleicht auch mal ein Tagebuch
darüber zu führen oder Notizblock zu
nehmen und sich ab und zu mal
aufzuschreiben was esse
ich denn eigentlich alles?
Ist ja an und für sich nicht verkehrt.
Ich glaub schlecht wird das dann nur,
wenn das dann so richtig
umschlägt zum absoluten Wahnsinn.
Ich muss immer höher, ich muss immer
schneller, ich muss immer weiter, noch
weniger Kalorien, noch mehr Gemüse, noch
weniger Fleisch, noch öfter selber kochen.
Ich glaube, da muss man
einfach nur aufpassen.
Und ich glaube, diese Idee, dass ich die
ganze Zeit dabei bin, mich zu optimieren,
hat halt auch eine historische Bedeutung.
Also wenn man sich das mal anguckt,
so von der katholischen Kirche her.
Und überhaupt diese Glaubenssätze, die
leben ja davon, dass wir
defizitär aufgestellt sind.
Weil nur dann macht Buße tun Sinn.
Nur dann macht es quasi Sinn,
um Vergebung zu bitten.
Und ich glaube einfach, wenn man sich
diese Defizitorientierungen
wenn wir uns die mal angucken, dann ist
das schon etwas, was sich bestimmt so
durch diese Gesellschaft durchschleift.
Ich weiß nicht wie du das erlebst, aber
diese ganzen Instagram, diese ganzen
Leute, die da immer Sixpacks haben, immer
durchtrainiert sind, immer tolle Sachen
können, also selbst so
einfache Handwerker, Dinge die ich mir
angeguckt,
wo ich so bei mir denke: "Wäre ich
nie drauf gekommen".
Ja, man sieht es ja wirklich mittlerweile
recht häufig,
du hast das ja angesprochen, bei Facebook,
bei Instagram präsentieren sich die Leute
schon mit, natürlich nur ihren
besten Urlaubs-Partyfotos-Porträts.
Also dein bestes Bild
ist ja so der Hashtag.
Keiner stellt ja ein blödes Bild ein.
Die sehen ja alle ganz toll aus und
das fällt mir ab und zu
bei Xing auf oder LinkedIn.
Da schlägt mir der Algorithmus.
Das ist eigentlich das ja,
wenn der Algorithmus so kickt.
Und er schlägt mir dann ganz auf Person
mit dem absolut perfekten Lebenslauf vor,
wo man, wo man sich sofort schlecht fühlt.
Wo man sagt: "Meine Güte!"
Es gibt Situationen, ich bin ja sehr viel
in der Personalauswahl tätig, da kommen
Personen plötzlich zum Auswahlgespräch
oder jetzt im Bereich der Online Auswahl,
da guckst du zweimal auf das Bild, dreimal
auf das Bild und denkst hat die ein altes
Bild aufgeklebt die Person?
Es ist ganz verrückt.
Und ich habe eben auch dieses Erleben,
dass wir alles optimieren.
Also Amazon Prime
kriegst du heute was bestellt, morgen ist
es da und das ist ja psychologisch
ist das ja total kontraproduktiv.
Warum?
Wir haben ja eigentlich eine Vorfreude.
Das bedeutet,
kennst das Sprichwort vielleicht -
Vorfreude ist die schönste Freude.
Das heißt, es gibt so diesen Moment von
einer mentalen Vorbereitung darauf, dass
sich etwas, was ich mir schon lange
gewünscht habe, dann auch bekomme.
Quasi so als Wunscherfüllung.
Und wenn wir jetzt diese Zeit zwischen
meinem Wunsch und der Wunscherfüllung,
wenn wir die künstlich verknappen, wenn
das also immer schneller geht,
hat es den Effekt, dass es diese
Wunscherfüllung nicht mehr befriedigt.
Und wenn mich diese Wunscherfüllung aber
nicht mehr befriedigt, führt das nur
dazu, dass sich neue Wünsche generieren.
Das bedeutet je schneller
die verschiedenen Lieferdienste mir meinen
Wunsch bringen, umso weniger
befriedigender ist der.
Umso höher ist also der Bedarf oder
der Wunsch, sich was Neues zu bestellen.
Und das ist eine verrückte Spirale, die
letztendlich dazu führt, dass wir immer
mehr Geld für Dinge ausgeben, die wir
nicht brauchen, weil diese Dinge uns
schneller geliefert werden und
somit weniger zufrieden machen.
Ja, definitiv.
Was glaube ich eine interessante Frage bei
dem Thema ist, wenn wir nochmal auf das
Beispiel von Xing hüpfen, diesem perfekten
Lebenslauf, vielleicht Geschäftsführer
oder Manager, der wahrscheinlich
wahnsinnig viel Geld verdient, wahnsinnig
viel Verantwortung hat, unheimlich viel
erreicht hat, stellt sich mir ganz oft die
Frage: "Ist man denn wirklich glücklicher,
wenn man es beruflich oder
gesellschaftlich an die Spitze geschafft
hat?" Also ist das etwas, wo man sagt:
"Das ist das ultimative Glück!"
Seine Fähigkeiten, seine Skills so weit zu
optimieren, dass man immer
höher, immer weiter kommt?
Ist man dann wirklich glücklich?
Ich glaube nicht.
Wir kommen ja noch zu dem ganzen Thema -
wie entstehen so Gefühle und
so weiter und da auch auf
Glücksgefühle,
ist ja glaube ich im nächsten oder übernächsten Podcast P
odcast unser Thema.
Aber Glück entsteht tatsächlich daraus,
dass wir eine Stabilität in der
Grund-Folge-Beziehung haben.
Also ich zeige jetzt ein Verhalten und ich
kann mir gut vorstellen, dass mit diesem
Verhalten ein bestimmtes
Ergebnis eintritt.
Das bedeutet, wenn du jetzt arbeiten gehst
und du ganz gut antizipieren,
was du damit verdienst bzw.
was du dann mit dem Geld machst.
Es bedeutet aber auch, das Glück eben
davon lebt, dass ich so eine
Grund-Folge-Beziehung habe.
Und wenn ich diese Grund-Folge-Beziehung
nicht mehr habe, habe ich zwar auf der
einen Seite den höheren
Überraschungseffekt, Geld ist
alle und Monat ist noch da bzw.
ich kann mir plötzlich viel mehr Dinge
kaufen, als ich sie eigentlich brauche.
Glücklicher werden diese Menschen nicht.
Also die werden nicht dadurch glücklicher,
glücklicher werden wir dadurch, dass wir
diese Frage: "Was brauche ich
tatsächlich?" gut antizipieren können.
Dann fangen wir an, tatsächlich
glücklich zu werden.
Wenn wir also eine Kontinuität zwischen
dem, was wir tun und dem was
als Ergebnis rauskommt, haben.
Das würde ja auch bedeuten,
ich kann sozusagen mein Glück ein Stück
weit verlängern, in dem ich
länger auf Dinge warte?
Absolut.
Du kannst es verlängern,
indem du es auch ausmalst.
In dem du dir Vorstellung zum Beispiel
mal etwas genauer machst, was wirst
du mit die Dingen tun, die du kaufst?
Du hast dir ja
mal, ich erinnere gerne
an dein Bonanza Fahrrad,
du hast dieses Fahrrad gekauft und
diese Überraschung, diese Freude hat ja
davon gelebt das du dir überlegt hast,
was wirst du damit machen?
Wo wirst du damit lang fahren?
Wer spricht dich vielleicht darauf an?
Und so weiter und so fort.
Wenn dieses Bonanza Fahrrad am nächsten
Tag da gewesen wäre, hättest du dir dieses
gesamte Mindset gar nicht
aufmachen können dafür.
Es bedeutet,
du hättest viel weniger Lust darauf
bekommen, diese Dinge dann auch Realität
werden zu lassen und du hättest weniger
Lust darauf bekommen, also
weniger Freude dabei empfunden.
Also in der heutigen Zeit ist man
ja medial unheimlich beeinflusst.
Bei Instagram gibt es ja auch die
Fitties, die also sehr viel Sport machen.
Und wenn du dir das anschaust, dann habe
ich öfters den Eindruck zumindest oder
unterstelle das,
es ist immer höher, weiter, schneller.
Also ich muss
noch einen definierteren Sixpack haben,
oder die Frauen versuchen noch einen
knackigeren Po zu haben oder
noch etwas schlanker zu sein.
Das ist ja auch ein Druck,
der da entsteht, der da
gesellschaftlich kommt.
Und das Bild, meiner Meinung
nach, ändert sich ja auch.
Als ich 18 war, war Fitness jetzt nicht
der absolute Hype, wie ich
in der heutigen Zeit erlebe.
Du hast da drei Themen, die eine
ganz wesentliche Rolle spielen.
Zum einen ist die Frage: "Wie erreiche ich
das?" Also mit dem, was wir uns
als normales Leben vorstellen?
Ist das, was uns dort gezeigt
wird, ja nicht mehr erreichbar.
Also wenn du e
inen ganz normalen Job hast, also morgens
aufstehst und zur Arbeit gehst, dann
dich noch um Familie kümmerst, ein Hobby
hast, ist dieses Bild, was dir dort
vermittelt wird, ja so gar
nicht mehr erreichbar.
Das ist das eine Problem.
Das zweite Problem
ist, dass die Frage: "Was in meinem Leben
ist anders mit diesem Bild?"
völlig unklar.
Das heißt, wir antizipieren ja
irgendwelche Dinge, von denen wir gar
nicht wissen treten die dann wirklich ein?
Also ist irgendetwas in meiner
Lebenssituation dann unkomplizierter,
schneller, erreichbarer, besser?
Das heißt, es wird uns ein Soll-Zustand in
irgendeiner Art und Weise vorgelebt oder
gezeigt, der erstrebenswert ist, ohne dass
wir wissen, was denn
erstrebenswert daran ist.
Und das dritte Problem ist, oder die
dritte Schwierigkeit, die wir daran haben,
ist, dass wir natürlich immer auch
psychologisch solche Archetypen haben.
Es gibt so eine Theorie, die lebt ein
bisschen davon, dass wir so mentale Bilder
davon haben wie sieht der Held aus.
Wie sieht die Prinzessin aus.
Wie sieht ein Gewinner aus?
Und wenn wir mal so in die Musik gucken,
sind Songs, die besonders häufig solche
Begriffe beinhalten wie:
"The Best", "Winner" und so weiter.
Das sind auch Songs, die relativ häufig
sehr viel Erfolg haben, weil das ja so
eine Zielvorstellung ist, die wir haben.
Aber wir wissen tatsächlich gar nicht
ganz genau, wie sieht denn der Held aus?
Wobei Musik gerade ein
schönes Beispiel ist.
Wenn wir uns auch das mal in
der Perspektive angucken.
Früher gingen Lieder, ich sag mal so drei
Minuten fünfzig das normale Radio-Lied.
Das ist über die Zeit bis zum Jahr
2022 jetzt immer kürzer geworden.
Im Durchschnitt gehen die
nur noch zwei Minuten vier.
Das hat auch einen Hintergrund,
der eigentlich ganz spannend ist.
Du verdienst mehr Geld.
Also, wenn ein Lied zwei Minuten vier
geht, bei Spotify und jemand hört
das länger als 30 Sekunden...
Bei Spotify oder anderen Anbietern?
Bei diversen Anbietern.
Dann kriegst du Geld.
Also warum mir die ganze Mühe machen und
in vier Minuten fünfzig Song komponieren,
wenn ich auch einen zwei Minuten
vier Song komponieren kann?
Und da sieht man, glaube ich, auch diese
Optimierun,g zumindest
im Bereich der Künstler.
Das die es einfach wirklich kürzer halten.
Keiner hat auch mehr Lust auf so ein
großes Intro, ein langes Outro, wie
das vielleicht früher noch war.
Es gibt kaum noch Alben.
Die meisten Künstler
bringen keine Alben heraus.
Die meisten bringen zumindest im Bereich
der elektronischen Musik
nur noch Singles raus.
Das ist nur noch optimiert auf Ertrag, auf
Gewinn und auf möglichst wenig Einsatz.
Und wenn du dir das Ganze jetzt mal
psychologisch anguckst,
physiologisch anguckst, passiert am
Körper, was ganz faszinierend ist.
Wir haben Hormone, die führen dazu, dass
wir Glück als einen sehr entspannenden,
angenehmen Zustand empfinden.
Und wir haben Hormone, die führen dazu,
dass wir Glück dann empfinden, wenn wir
Action haben, wenn unser
Körper voll in Bewegung ist.
Und dadurch, dass wir diese hohe Taktzahl
bei allen Dingen haben, ob das Film ist,
ob das Musik ist und so weiter,
hat unser Körper ständig eine
sehr, sehr hohe Schlagzahl.
Er ist eigentlich immer in einem
Erregungsmodus, in einem aufgeregten
Modus und das erleben wir als wirksam.
Da erleben wir uns quasi als
echt, als lebendig, als vital.
Auf der anderen Seite altert unser Körper.
Das bedeutet, dieser Grad der Aufregung,
den wir haben, kann unser Körper
gar nicht gut verarbeiten.
Langfristig gesehen.
Das bedeutet nämlich auch, dass wir,
je älter wir werden, mit diesen
Aufregungszuständen nicht mehr gut
klarkommen und viel mehr Bedarf haben nach
Glücksmomenten, die in
Ruhephasen entstehen.
Und dadurch, dass wir aber ständig in
unserer Lebensumwelt, ständig in unserem
Drumherum mit diesen harten, schnell
getakteten Reizen, diesen unglaublichen
Sprüngen auch an Informationen
konfrontiert werden, haben wir eben als
junge Menschen ein schönes
Erlebnis an Vitalität.
Und je älter wir werden, umso
anstrengender ist das Ganze.
Und wenn wir in diese Optimierung jetzt
reingehen, dann potenziert
sich das Ganze natürlich noch.
Das heißt, ich muss nicht nur als junger
Mensch mit dieser schnellen
Schlagzahl klarkommen.
Also ich habe immer Adrenalin im Blut, ich
habe immer Action,
sondern ich muss auch noch mit dieser
hohen Schlagzahl mich ständig optimieren.
Und insofern ist ja diese Bewegung der
Achtsamkeit, des Yoga auch eine ganz
wichtige Bewegung, die nämlich sagt: "Du
kannst Befriedigung eben auch
durch Ruhe und durch Entspannung, durch
meditative Momente erzielen." Außer
es wird zur Belastung, dass ich sozusagen
noch mehr Yoga machen muss, mich
noch gesünder ernähren muss.
Also quasi ich morgens schon aufstehe
und bei mir denke: "Oh verdammt, ich habe
meine Getreide nicht in der Getreidemühle
gemahlen, ich
bin nicht auf dem Laufband gewesen, ich
habe den Sonnengruß nur eine Minute
durchgehalten oder habe quasi im Yoga Buch
nur die letzten zwei
Seiten nicht geschafft."
Das heißt diese Frage: "Was passt zu mir?
Also was bringe ich wirklich mit?"
Die findet ja kaum Beachtung.
Und das ist das Wichtige oder das
Wesentliche, dass wir darauf achten
müssen,
dass wir darauf achten müssen, uns die
Frage zu stellen: "Was passt denn zu mir?
Wie viel Aktion kann ich denn gerade ab?
Wie viel Yoga kann ich vielleicht von der
physischen Konstitution auch ab?" Es sind
nicht alle Menschen gleich gelenkig.
Heißt nicht, das nicht körperliche
Übung für alle Menschen gut sind.
Aber wenn ich mit dem nächsten Hexenschuss
aufstehe oder eben nicht mehr
aufstehe, ist es auch nicht gesund.
Also diese Frage:
"Was passt zu mir?" Das ist eine Frage,
die stattfinden sollte, bevor
wir in diese Optimierung gehen.
Ich glaube, wichtig wäre auch
oder ich würde es anders formulieren.
Ich würde sagen: "Selbstbestimmung
statt Selbstoptimierung aus
gesellschaftlichem Zwang!"
Ich glaube, dass
das zeigt ja auch noch mal oder gibt noch
mal so ein Stück weit wieder, wie
du es eben beschrieben hast.
Also wenn ich selbst
für mich entscheide: "Ich möchte
eine gewisse Leistung erbringen.
Ich möchte ein gewisses Ziel erreichen."
Ist es völlig okay, wenn ich mich dem
widme und Selbstoptimierung ist ja
auch an und für sich nichts Negatives.
Also beispielsweise
positive Selbstoptimierung wäre für mich:
"Man könnte öfter die Treppe nehmen
anstatt den Fahrstuhl."
Das tut keinem weh.
Es darf halt nicht zum Zwang werden.
Genau.
Aber wenn du anfängst, andere dafür zu
diskriminieren, dass sie den Fahrstuhl
nehmen, dann erzeugst du eben Druck.
Das ist dann tatsächlich auch für die
Menschen anstrengend, weil du weißt ja
nicht, warum die Person
jetzt den Fahrstuhl nimmt.
Es kann Faulheit sein.
Kann sein, dass die Person vielleicht
heute schon joggen war und sagt: "Und
jetzt gönne ich mir den Fahrstuhl." Es
kann einfach sein, dass die Person
möglicherweise eine Knie-OP hatte
und deshalb den Fahrstuhl nimmt.
Und ich glaube,
wenn wir uns die Freiheit geben, dass
jeder für sich entscheidet, welchen Grad
an Optimierung er machen möchte und mit
welchen Mittel, dann ist es in Ordnung.
Wenn wir aber anfangen, uns gegenseitig
dafür zu diskriminieren, weil wir
den Optimierungsideen,
die möglicherweise vorhanden sind, nicht
entsprechen, dann wird es schwierig.
Definitiv.
Ich glaube, es gibt aber auch so Dinge,
die kann man gar nicht optimieren,
egal wie sehr man sich anstrengt.
Also wenn ich da jetzt ein Beispiel nennen
müsste, also Gelassenheit
kann man nicht optimieren.
Meiner Meinung nach.
Spontanität auch nicht.
Und Kreativität eigentlich auch nicht.
Das heißt, wenn ich in den Bereichen
versuchen sollte, mich zu optimieren,
warum auch immer, weil ich eben halt der
nächste Picasso sein möchte,
dann werde ich wahrscheinlich ein hohes
Frustpotenzial entwickeln.
Versucht doch einfach mal,
nur mal so gedanklich, oder
vielleicht die, die jetzt den Podcast
gerade anhören, mal dem Versuch zu machen
bewusst an etwas nicht zu denken.
Ja, das ist ja das Beispiel, denken
Sie nicht an einen rosa Elefanten.
Das kennen wir ja alle.
Total paradox.
Das heißt, es funktioniert nicht zu sagen:
"Oh, ich konzentriere mich mal bewusst auf
nichts." Also dieses Optimieren, quasi das
Loslassens, das ist etwas im Moment, das
kann ich nur rückwärts
gerichtet sehen oder erleben.
Im Sinne von: "Es ist mir gelungen."
Aber ich kann es nicht
prospektiv, also nach vorne machen.
Im Sinne von den nächsten zwei Minuten
hätte ich mal loslassen müssen
und nichts denken.
Und genau da beißt sich diese
Optimierungsspirale dann auch tatsächlich
sprichwörtlich gesehen ins eigene Bein.
Weil in dem Moment, wo ich die Optimierung
mit Druck erzeuge, hat sie eben nichts
mehr mit mir zu tun, sondern es ist ein
gesellschaftlicher Benchmark, weil die
anderen so aussehen, weil die das tun,
weil es gerade hip ist, irgendeine
bestimmte Form von Ernährung zu haben.
Wenn die Optimierung darauf basiert, dass
ich mir die Frage stelle: "Was möchte ich
damit erreichen?"
also möchte ich eine andere körperliche
Leistungsfähigkeit erreichen?
Möchte ich eine andere kognitive
Leistungsfähigkeit erreichen?
Möchte ich eine Genussfähigkeit erreichen,
dann kann auch die Optimierung tatsächlich
darin bestehen das
ich bewusst Wein trinke oder bewusst eine
bestimmte Art von Essen zu mir nehme, weil
ich meine Genussfähigkeit
verbessern möchte.
Vielleicht kann man das auch mal
an einem Beispiel festmachen.
Ich würde auf der einen Seite sagen, es
ist prinzipiell meiner Meinung nach schon
positiv, etwas für den eigenen Körper zu
tun, beispielsweise Übergewicht
abzubauen, die Muskeln zu stärken.
Dem könnte ich jetzt
negativ entgegenstellen.
Ich könnte daraus dann resultierend,
permanent unzufrieden mit mir werden,
wenn ich diese Optimierung
immer weiter betreibe.
Und am Ende kann ich mich vielleicht
selber gar nicht mehr annehmen.
Die Frage die, die sich mir dabei stellt
ist: "Wie halte ich denn das gesunde Maß?
Was kann ich denn tun?
Also bis wohin ist es gut?"
Das ist glaube ich jedem klar.
Aber ab dem Punkt, wo ich sage: "Ich muss
jetzt noch mehr",
wie kann ich gegensteuern?
Also tatsächlich ist die Lösung
das kleine und einfache Wort "Why"?
Also warum tust du das?
Wenn du es tust, weil du sagst, ich möchte
aus gesundheitlichen Gründen unter
irgendeinen Body-Mass-Index
fallen, ist die Frage warum?
Also weil es diesen Index gibt?
Weil du dich unwohl fühlst?
Weil du von anderen angesprochen wirst?
Weil du dich möglicherweise von der Masse
unterscheidest, weil du vielleicht zu viel
Gewicht hast oder Gewicht an den
falsch Stellen oder ähnliches?
Also die Frage ist: "Warum tust du es?"
Und wenn du es tust im Sinne von
Du hast dir ein Ziel gesetzt, dann bist du
auch das Maß innerhalb
klinischer Grenzen, klar.
Aber ansonsten ist das diese
Fragestellung, warum ich das tue.
Das Entscheidende.
Wenn wir das deshalb tun, weil es auf
irgendwelchen Zeitschriften, in
irgendwelchen Büchern, in irgendwelchen
Stories oder ähnliches
als erstrebenswert dargestellt wird,
hat es nichts mehr mit uns zu tun.
Und da schließt sich dann auch wieder
der Kreis zum Thema "Tagebuch".
Wenn ich ein Tagebuch führe, weil ich
sage: "Ja ist
gerade irgendwie hip, ich soll irgendwie
aufschreiben, was mich jeden Tag
begeistert hat oder worauf ich mich
heute freue" dann wirds schwierig.
Wenn ich aber dieses Tagebuch führe um
dann auch zum Beispiel am Wochenende
mal zurück zu blättern und mir das
anzugucken und zu sagen: "Wow das
hat mich diese Woche gefreut".
Oder Wow.
Offensichtlich ist es immer ein
Montag, der mir schwerfällt.
Oder immer Dienstag.
Oder immer wenn ich Person X Y treffe,
habe ich einen schönen Tag und wenn ich
Person A, B, C treffe, habe ich
danach einen nicht so schönen Tag.
Also wenn ich das benutze, wenn das für
mich eine Funktion hat,
dann ist es auch optimierend.
Wenn es aber die Funktion hat,
anderen gesellschaftlichen
Interessen gerecht zu werden oder
Benchmarks gerecht zu werden, hat es ja
nichts mehr mit Selbstoptimierung zu tun.
Dann ist es nur eine Anpassung meiner
Person an die Standards anderer.
Was für ein Plädoyer!
Was für ein Plädoyer!
Ich überlege auch gerade.
Also meine Frage ist noch
nicht ganz beantwortet.
Ich gebe noch mal ein weiteres Beispiel.
Ich will meine meine Essgewohnheiten
verbessern, weil ich vielleicht besonders
gerne fettig esse oder oder
scharf oder was auch immer.
Es gibt da ja kulinarisch
gesehen eine ganze Palette.
Das heißt, man könnte sagen: "Okay, ich
versuche das dahingehend zu optimieren,
ich nehme auch weniger Fertigessen,
ich koche öfter!"
Es ist an und für sich was total tolles.
Und das kann man auch glaube
ich gar nicht negativ sehen.
Aber dem würde ich ja wieder
entgegenstellen, wenn ich sage, ich möchte
meine Essgewohnheiten verbessern, könnte
es ja passieren, dass da ständiges
Nachdenken über Essen einsetzt.
Also auch, dass ich mir Verbote erzeuge
oder auferlege und die erzeugen
ja dann den besonderen Reiz.
Und mir geht es eigentlich jetzt noch mal
direkt darum: "Wie schaffe ich es,
diese Grenze nicht zu überschreiten?".
Das ist wie mit dem Sportler, mit dem
Marathonläufer. Er fängt an zu joggen.
Er läuft erst 3 km, dann 5, dann läuft ein
Halbmarathon und irgendwann
ist ja auch mal genug.
Ich bleibe gerne mal bei dem Thema Essen.
Du kochst.
Jetzt gibt es einen
Grund, warum du kochst.
Kannst sagen, weil ich irgendwie nach dem
ganzen Fertigessen Magenprobleme habe oder
weil ich das Gefühl habe, dieses
Fertigessen esse ich
einfach viel zu schnell.
Wenn du jetzt sagst, ich koche mit der
Perspektive oder mit der Idee dahinter,
dass ich das Essen, was ich selbst gekocht
habe, auch anders wertschätze und deshalb
anders genieße, mir beim
Essen mehr Zeit lasse.
Wenn du also funktional daran gehst im
Sinne von: "Warum tue ich das?"
Dann wirst du diese Grenze quasi
auch nicht überschreiten.
Wenn du es aber deshalb nur tust, weil
ein gutes Essen eben
vier Stunden kochen muss und eine gute
Sauce eben drei Stunden irgendwie
vor sich hin köcheln sollte oder so.
Wenn du es deshalb tust, dann
bist ja nicht mehr du
der Maßstab, sondern dann ist der Maßstab
dessen, was irgendwer irgendwo
an irgendeiner Stelle gesagt hat.
Und deshalb ist es so.
Es gibt drei große Strategien, die wir
hier benutzen können, um diese Grenze
für uns selber ganz gut zu definieren.
Das eine ist tatsächlich die
Akzeptanz des eigenen Ichs.
Also meine eigene
Physiologie zum Beispiel.
Zu sagen: "Ich bin eben eher ungelenk.
Und jetzt kann ich mich mit ganz, ganz,
ganz, ganz viel Training dahin bewegen,
dass meine Gelenkigkeit enorm zunimmt,
aber eben auch zu sagen Stopp!
Ich habe physiologisch bestimmte Grenzen."
Also zwei Tauben
machen halt kein Seeadler!
Das ist dann einfach so.
Das ist das eine.
Das ist die eine Fragestellung.
Also kann ich mich so wie
ich bin, akzeptieren.
Das zweite ist auch tatsächlich
eine gewisse Milde, mit zum
Beispiel dem eigenen Alter.
Wir haben durch unseren ganz normalen
biologischen Alterungsprozess einfach
Dinge, die uns besser
oder schlechter gelingen.
Und da dann auch ein
Verständnis für zu entwickeln.
Und zu sagen: "Ja, ich habe jetzt ein
Alter, wo bestimmte Dinge einfach schwerer
fallen oder wo ich
eher den Bedarf nach Ruhe habe oder wo ich
eben nicht mehr diesen hohen Adrenalin
den ganzen Tag habe".
Und das dritte ist,
dass wenn wir in so eine Optimierungst
endenz verfallen, also wenn wir unser
Verhalten ändern, dass wir
tatsächlich diese Schritte in einer sehr,
sehr langsamen Geschwindigkeit gehen, weil
jede ad hoc Verhaltensänderung
natürlich auch sehr, sehr viele
andere Schnittstellen betrifft.
Und plötzlich fällt mir auf, dass wenn ich
jetzt immer einkaufe, um gesund zu essen,
ich aber auch plötzlich mehr Zeit brauche,
um Essen zu kochen,
möglicherweise mehr Abfall in der
Biotonne habe, also tatsächlich lieber
kleine Schritte und die durchhalten als
große Schritte in der Selbstoptimierung
und dann plötzlich mit diesen ganzen
Sekundäreffekten konfrontiert zu werden.
Also das wäre an der Stelle
tatsächlich dann meine Empfehlung.
Ja, also am Ende
sind wir wieder beim Anfang.
Selbstbestimmung statt Selbstoptimierung,
zumindest nicht aus Zwang.
Ja und vielleicht abschließend noch ganz
kurz mit Blick auf die Uhr:
"Wie stehst du denn eigentlich zu dem
Zitat, Glück ist eine Entscheidung!"
Lief mir heute über den Weg.
Fällt mir jetzt grad ein.
Finde ich sehr spannend.
Das Zitat: "Glück ist eine
Entscheidung!", heißt ja, dass wir
kognitiv darüber bestimmen können.
Wir haben eine der anderen Folgen, wo wir
Entscheidungen gesprochen haben ja auch
schon mal ausgeführt, dass wir nun ganz,
ganz kleinen Anteil unseres
tatsächlichen Erlebens rational bestimmen.
Und wenn ich nur einen kleinen Anteil
meines Lebens rational bestimmen kann,
dann ist eine Illusion
zu glauben, dass ich darüber bestimmen,
ob ich glücklich bin oder nicht.
Glück ist insofern eine Entscheidung, dass
die Wahrnehmung meines Glückes
etwas ist, wofür ich mich jedes
Mal neu entscheiden kann.
Aber Menschen, die unglücklich sind,
haben sich ja nicht falsch entschieden.
Menschen, die Pech haben, haben sich
nicht zwingend falsch entschieden.
Menschen, die krank sind, haben ja nicht
die falschen Entscheidungen getroffen.
Sondern es geht eher darum zu sagen,
dass Glück aktiv wahrzunehmen
oder glückliche Momente wahrzunehmen.
Das ist eine Entscheidung,
die ich treffen kann.
Aber ansonsten finde ich Glück ist eine
Entscheidung eine
sehr gefährliche Aussage.
Schönes Schlusswort.
Alles klar!
Dann freuen wir uns, euch beim nächsten
Mal beim Podcast begrüßen zu dürfen.
Beim nächsten Mal wird es dann um die
Frage der Frühlingsgefühle gehen.
Na dann tschau.