Potentiale Nutzen!

Prof. Dr. Stephan Buchhester, Konstantin Kowalski

PNP001 - Am Anfang des Jahres stehen die guten Vorsätze

Warum ist es so kompliziert, mal all die Dinge, die uns irgendwie logisch und richtig und wichtig erscheinen, auch tatsächlich anzufangen?

31.01.2022 29 min

Zusammenfassung & Show Notes

Thema unserer ersten Episode ist der Anfang des Jahres und die damit verbundenen guten Vorsätze, die sich viele von uns vornehmen. Wir hinterfragen warum es eigentlich so schwer ist, die guten Vorsätze einzuhalten? Warum ist es so kompliziert, all die Dinge, die uns logisch und richtig und wichtig erscheinen, auch tatsächlich umzusetzen. Weniger Zigaretten, weniger Konsum, weniger Zucker, weniger Alkohol, weniger Arbeit und und und. 

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Transkript

Herzlich willkommen zur ersten Episode des Potenziale nutzen Podcast. Wer hätte das gedacht? Zwei Jahre haben wir geplant, getüftelt, uns belesen und jetzt haben wir es wirklich geschafft, uns hier zu treffen und den ersten Podcast zu beginnen. Bin ich super stolz auf uns. Ja, also ich bin da vor allem stolz auf dich, denn zwei Jahre haben wir geplant, müsste eigentlich heißen Zwei Jahre hast du geplant. Und zwei Jahre hast du recherchiert, Zwei Jahre hast du die Technik besorgt und hast dann irgendwann mir einen Termin eingestellt und hast gesagt: "Da bin ich". Tatsächlich Ich finde auch, wir sollten die erste Episode feiern. Wobei wir wollten doch die Episoden gar nicht zählen. Sag mal. Ja, prinzipiell macht das jetzt vielleicht wenig Sinn, hier jede Episode zu zählen. Ich glaube, da ist auch so ein Stück weit der Weg das Ziel. Aber du hast schon recht. Zwei Jahre Planung heißt ja auch durchdenken. Das ist ja auch ein Prozess, den wir durchlebt haben. Und für mich persönlich war der irgendwie super schmerzvoll. Weil wir haben uns das Ziel gesetzt, wir wollen zusammen einen Podcast aufnehmen, wir wollen in die Umsetzung gehen. Und dann, ich glaube, das geht vielen Leuten so, fängt man an, sich zu belesen. Man macht sich einen groben Plan und mir ging es zumindest immer so an den Stellen, wo ich dachte: "Jetzt habe ich's, jetzt ist die Technik die richtige, jetzt können wir einkaufen gehen, gibt es immer wieder irgendeinen neuen Review, irgendeine Erkenntnis, irgendein Mikrofon, was noch toller ist. Und dann schiebt man das wieder raus, weil man möchte ja natürlich mit gutem Equipment starten und irgendwo auch nach einem gewissen Konzept vorgehen. Aber weißte, für mich steht das Ganze jetzt, nach zwei Jahren wirklich so ein bisschen unter dem Stern: "Was lange währt, wird endlich gut". Oh! Mensch so Kalendersprüche sind tatsächlich genau meins. Also was lange währt, wird endlich gut. Also ich könnte ja behaupten, ich habe auch immer andere Podcasts gehört, weil ich gedacht habe, vielleicht bringt ein anderer schon das, was wir bringen. Ja und was hat deine Recherche ergeben? Ich meine, immerhin sitzen wir hier. Genau, genau das. Denn so das Bringen von Kalendersprüche, das sagen warum gute Vorsätze gut sind und was man davon hat und "Morgenstund hat Gold im Mund" und all diese Dinge und "Sorge dich nicht, lebe" und alles, was man da so findet. Es ist eben nicht das, was ich von dem Podcast erwarte, weil wir haben ja den Anspruch, dass es sowohl wissenschaftlich als auch humoristisch und verständlich ist. Und was ich ganz oft eben erlebe, ist, wenn ich jetzt mal dein Kalenderspruch aufgreifen darf, so zum Beispiel die Frage: "Was motiviert uns denn, darüber nachzudenken, zu recherchieren?" Oder "Unterscheiden sich Menschen darin?" "Wie unterscheiden sie sich?" Gibt so vielleicht Persönlichkeitstypen, die stärker recherchieren, länger recherchieren? Oder ist es irgendwie vielleicht so eine Art Trugschluss unseres Gedächtnisses nach dem Motto: "Na ja, wenn ich da schon ganz viel Speicherplatz mit verbraten habe, mit all den Gedanken, die ich mir gemacht habe, dann muss ich auch irgendwann glauben, dass es tatsächlich gut ist". Also diese Frage: "Was lange währt, wird endlich gut". Ich glaube, das sind viele Facetten drin, die wir uns in Ruhe mal angucken können. Ich glaube, das kommt auch so ein bisschen drauf an. Ja, vielleicht auch, was man beruflich macht. Ich jetzt beispielsweise als Informatiker bei uns ist, Planung die die halbe Miete. Klar müssen wir spontan reagieren können. Natürlich müssen wir Probleme schnell analysieren und irgendwie eine Lösung schaffen. Bestenfalls. Schlimmstenfalls erst mal ein Workaround. Aber an und für sich kannst du in einem großen Unternehmen, bei einem Exchange Server oder anderen wichtigen System nicht einfach mal irgendwas machen, ohne das zu planen. Planung gibt Sicherheit. Also wir hatten ja über Verständlichkeit gesprochen. Was ist denn so ein Exchange Server? Also wie muss ich mir das vorstellen? Versuch es mal mit einem Gedächtnis, mit einem Gehirn vielleicht zu vergleichen. An und für sich, an und für sich ist der Exchange Server das Herzstück der E-Mail Kommunikation. Dort gehen E-Mails ein, dort werden E-Mails versendet, an den richtigen Empfänger, gespeichert. Ja, das ist eigentlich so wirklich das Herz, wenn du so willst. Ja, genau, jetzt passiert genau das, was bei solchen Kalendersprüchen eben passiert. Was schätzt du denn? Wie viele Milliarden E-Mails am Tag gehen so rund um die Welt, schätzt mal? Ja, keine Ahnung. Irgendwie 100 Milliarden, würde ich jetzt sagen. Ob das stimmt? Keine Ahnung. Können uns ja die Zuhörer gerne mal sagen. Es gehen tatsächlich ungefähr 70 bis 80 Milliarden E-Mails am Tag um die Welt. Was bedeutet, dass dieser Speicher natürlich dadurch immer wichtiger wird, weil wir ihn täglich benutzen. Das bedeutet natürlich wird ein Gedanke im Gedächtnis, wenn er immer wichtiger wird, wenn er immer mehr Speicherplatz benutzt, müssen wir irgendwann aus Gründen der Psychohygiene entscheiden: "Es muss ja ein guter Gedanke sein, sonst hätte er ja nicht soviel Speicherplatz benutzt". Also wenn du bei deiner Planung und deiner Recherche jeden Tag darüber nachdenkst, welches Mikrofon? Wie kann ich es noch besser machen? Und so weiter und so fort. Heißt das auch, dass du in deinem Gehirn immer mehr Speicherplatz dafür benutzt und es immer präsenter wird. Und du hast plötzlich Bilder davon. So was nennen wir unseren visuellen Notizblock. Du hast Wörter dafür. Du hast also das ganze technische Equipment, Du hast ein Mikrofon, du hast die Mikrofonständer, du hast alles mögliche. D.h. du hast für das, was den Podcast ausmacht, viele Begrifflichkeiten und du hast natürlich auch neben dem visuellen Notizblock und dem semantischen, also dem Wort Gedächtnis, natürlich auch plötzlich episodische Informationen. Also dir fallen die Momente ein, in denen du am Rechner gesessen hast und recherchiert hast. Dir fällt der Moment ein, wo du das Mikrofon gekauft hast? Und ganz viele dieser vielen verschiedenen Informationen werden in deinem Gehirn abgespeichert. Und natürlich muss unser Gehirn dann irgendwann sagen "Hey, die Idee muss ja richtig geil sein, wenn ich schon so viel Speicherplatz dafür verbraucht habe". Das bedeutet durch die Nutzung eines E-Mail Servers und den Umstand, dass ich eine E-Mail bekomme und eine E-Mail zurückschreibe und dann wird wieder eine E-Mail hin und her geschrieben. Das ist quasi ein sich selbst bestätigendes System. Wenn wir heute Briefe schreiben würden, dann würde wahrscheinlich irgendwann das System der Postkutsche wieder an Bedeutung gewinnen. Das würde ja aber jetzt umgekehrt auch bedeuten, dass wenn wir es auf die Postkutsche mal adaptieren, die Postkutsche sich auch nie weiterentwickelt hätte. Verstehe ich das richtig, wenn man einfach sagt: "Okay, das System ist so wichtig, das muss man ganz genau planen, da muss man sich viele Gedanken machen" Wenn man das irgendwann geschafft hat, die Postkutsche fährt: "Never touch a running system", sagen wir immer. Finger weg, wenn's läuft. Aber stell dir vor, du möchtest heute jemandem eine ganz besondere Botschaft schicken, eben nicht eine E-Mail. Das Besondere unterscheidet sich ja genau dadurch, dass es eben nicht diese Präsenz im Gehirn hat, nicht die Häufigkeit des Auftretens. Dann schreibst du einen Brief. Das heißt, in ein paar Jahren wird es so sein, dass ein Brief zu bekommen etwas so außergewöhnliches, Besonderes ist, dass sich auch die Art und Weise des Briefe Schreibens weiter entwickeln wird. Das heißt, wir sind ja inzwischen weg davon, dass wir tatsächlich den Brief dann per Hand schreiben. Aber wir sind schon wieder ein Stück weiter, dass wir Postkarten virtuell beschreiben und diese dann postalisch tatsächlich verschickt werden. Also nicht nur ein Anhang an eine E-Mail. Das heißt nicht, was lange währt, wird endlich gut, sondern es kann auch sein, dass was lange währt, uns zeigt, was in der Vergangenheit gut war. Ja finde ich einen interessanten Gedanken. Lass uns doch aber vielleicht nochmal zurück kommen auf den auf den Brief. Wann hast du denn eigentlich deinen letzten Brief geschrieben? Also tatsächlich, meinen letzten Brief habe ich vor 14 Tagen geschrieben. Das war ein Beschwerdebrief, weil ich tatsächlich auch davon überzeugt bin, dass beim Empfänger die Dringlichkeit meines Anliegens viel deutlicher ankommt, wenn ich das per Hand schreibe und somit übermittle, dass diese Botschaft oder das, was ich dort sagen möchte, mir so wichtig ist, dass ich mir tatsächlich diese Zeit nehme. Und Goethe hat mal an Schiller geschrieben: "ich habe leider keine Zeit, dir einen kurzen Brief zu schreiben, deshalb schreibe ich dir einen langen". Also etwas kurz und prägnant zu fassen, etwas spontan zu tun ist viel authentischer oder kann authentischer sein, als etwas nach langer Vorbereitung dann irgendwie abzuwickeln. Aber ich würde gerne noch mal auf dieses Thema zurückkommen. Was hat dich denn motiviert zu diesem Podcast? Ja, ich weiß auch nicht. Also man, man hört das ja immer wieder, dass es die verschiedensten Podcasts gibt, dass das Audio, ja, dass das neue Medium ist. Und ich glaube einfach auch ja, es ist wichtig, über Dinge zu sprechen. Die Zeit heute ist so schnelllebig, man gibt nur noch ganz kurze Infos ab. Man nimmt sich für wenig Dinge Zeit, wie wir es ja auch mit dem Briefeschreiben hatten. Meine Motivation war eigentlich wirklich zu sagen: "Okay" auch in meinem Leben irgendwo so ein Stück, ja Entschleunigung zu schaffen, indem wir auch feste Zeiten haben, wo wir unseren Podcast aufnehmen. Wo ich weiß, okay, da komme ich zur Ruhe. Da erlebe ich schöne Momente, da besprechen wir Dinge. Und nicht immer getrieben zu sein von irgendwelchen, von irgendwelchen Terminen für andere vor allen Dingen auch. Das ist ja eine Sache. Das machen wir ja irgendwie auch für uns. Also war Zeit ein Treiber? Zeit war auf jeden Fall ein Treiber. Das andere ist natürlich, wie sollte es auch anders sein, als Informatiker, Ja, neue Technik ist immer schön. Und man braucht natürlich auch irgendwo Gründe, Dinge zu erwerben und sich vielleicht das eine oder andere Gadget zu kaufen und es dann nicht zu benutzen, finde ich einfach immer super schade. Und zum Zweiten, es ist auch die Herausforderung. Also ich beschäftige mich gerne damit und ich hätte natürlich nicht gedacht, dass es zwei Jahre dauert. Also hätte ich das am Anfang gewusst, keine Ahnung. Aber dann ist es doch in deiner Welt umso besser, je länger es dauert. Ja, kommt drauf an. Es gibt Dinge, die finde ich unheimlich toll, wenn die, wenn die super lange dauern, wenn man da irgendwie Sachen ja weiterentwickeln kann. Noch irgendwas dazu kaufen kann. Fotografie ist finde ich da so ein super Beispiel. Kannst du irgendwie immer neue Objektive kaufen, über Jahre sammeln und du hast immer Freude dran? Aber es gibt natürlich auch Dinge, die, die unheimlich nerven, wenn sie lange dauern. Wenn man auf was wartet. Ich weiß nicht, ob du das kennst. Mir geht das ja immer so. Stehst du immer an der falschen Kasse? Das nicht. Zum Glück. Aber wenn ich mir mal was für mich bestelle, also was ich mir unheimlich wünsche, wo ich mich total drauf freue, dann dauert das prinzipiell sieben Tage länger. Wenn ich irgendwem anderes was bestelle, das kommt immer am nächsten Tag. Also das ist halt sowas und ein Beispiel, wo ich sage: "Boah das verstehe ich gar nicht." Ja genau und das, was du jetzt beschrieben hast, das ist eben in der Psychologie ein ganz wichtiges Phänomen. Du hast beschrieben, was dich motiviert und du hast beschrieben, wie dieser Motivationsprozess abläuft. Und da gibt es eine Menge ganz fantastischer Ideen, also im Bereich der Inhaltstheorien., also was dich motiviert, kann es das Thema Zeit sein. Es kann das Thema sein, dass es sogenannte Hygienefaktoren gibt, also Dinge, die dich wirklich befriedigen. Und es gibt so die Idee, dass wir tatsächlich für unsere unterschiedlichen Bedürfnisse ob das Essen Trinken ist, ob das die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe ist oder oder oder. Dass wir also viele Faktoren haben, die das "Was" beschreiben, was mich motiviert. Und das zweite sind die Prozessetheorien, wo es um die Frage geht: "Wie läuft denn die Motivation eigentlich ab?" Und da gibt es vor allem zwei Ansätze, die ich persönlich auch total spannend finde Das eine ist das, was du genau beschrieben hast. Die Frage, vom Moment der Entscheidung ich möchte einen Podcast treffen über die vielen kleinen Stationen des Technikkaufens, hast du immer wieder dich selber für diese Idee belohnt. Also du hast gesagt, das ist mir wichtig, ich habe das Ziel, ich möchte, ich möchte die Zeit ein bisschen anhalten, ich möchte die Zeit verlangsamen. Ich habe das Ziel mir Technik zu kaufen. Und alle diese Ziele hast du dann zusammengefasst in dem Thema Podcast. Und hast überlegt, okay, offensichtlich hast du irgendwo anders schon die Erfahrung gemacht, dass so ein Projekt geeignet ist, deine Ziele zu erreichen. Das sind die sogenannten Erwartungswertansätze. Also ich habe Erwartungen, was ich tun muss, um wertvolle Ziele zu erreichen. Und es gibt einen Ansatz, der hat einen ganz tollen Namen der nennt sich Rubikon. Das heißt in dem Moment wo, weiß ich noch ziemlich genau du mich angerufen hast, und gesagt hast: "Hey, wollen wir zusammen nicht einen Podcast machen?" Ich gesagt habe: "Das ist eine prima Idee", war sozusagen so ein Abwägungsprozess überschritten und dann war nicht mehr die Frage: "Machen wir den Podcast, sondern wie lange braucht es, damit es aus deiner Welt gut ist?" Und für mich sieht es ja völlig anders aus. Für mich ist ja nicht die Frage: "Was lange währt ist gut", sondern entsteht ja aus dem Moment, aus der Spontanität des Moments, dann auch die Authentizität. Also was vielleicht in dem Zusammenhang auch noch spannend ist, ist Ich weiß nicht, ob dir das auch so geht, aber es gibt ja so Dinge, auf die hat man Lust, da hat man... Hast du dir mal vorgestellt, wie jemand aus Franken sagt, er hat darauf Lust? Nee, aber. Er hat darauf Luscht. Nein a lso wie gesagt, ich weiß nicht, ob du das kennst, aber es gibt ja so Dinge, die wünscht man sich. Ziele, auf die arbeitet man hin. Und dann gibt es ja die Sachen, die muss man unbedingt machen. Also um vielleicht einmal ein Beispiel zu geben, Steuererklärung. Ich muss unbedingt noch die Steuererklärung machen. Das ist super wichtig. Das ist eigentlich hoch priorisiert. Ich weiß ganz genau, dass ich das tun muss, aber irgendwie gelingt es mir nicht, mit dem mit der Steuererklärung anzufangen. Weil, und vielleicht rede ich mir das auch nur ein, aber vielleicht kannst du das ja so ein so ein Stück weit beschreiben, dass das kann man ja adaptieren auf "Ich möchte ins Fitnessstudio gehen, ich möchte weiter laufen können, besser schwimmen können". Warum gelingt es mir nicht, das einfach anzugehen? So ein Stück weit rede ich mir immer ein, Ich muss erst mal andere Dinge tun. Ich muss auf Arbeit gehen, ich muss mich um Dies kümmern, ich muss mich das kümmern. Also die Bedürfnisse der Anderen und die Erwartungen der anderen an mich. Die sind bei mir zumindest ganz oft irgendwie immer wichtiger. Also das kann ich mir super einfach einreden. Heute habe ich keine Zeit. Heute muss ich Podcast machen. Genau. Steuererklärung schaffe ich morgen auch nicht. Da habe ich auch schon einen Termin. Also es wird Freitag. Und am Freitag ist dann Wochenende, da geht man dann einkaufen. Dann läuft das Wochenende rum und nächsten Montag stehe ich da wie die letzten Vier und sagt mir: "Diese Woche schaffst du es, du gehst an die Steuererklärung". Was, was kann ich denn dann tun? Woher kommt das überhaupt, dass man so wichtige Dinge einfach verschiebt? Das hast du vom Prinzip her schon gut auf den Punkt gebracht. Also wir leben von dem, was wir in unserer Vergangenheit getan haben. Das heißt, wenn wir uns die Frage stellen: "Tue ich was Neues oder wiederholt die Vergangenheit?", dann ist die Wiederholung der Vergangenheit viel sicherer, viel einfacher für uns, weil wir genau wissen, wo wir ankommen. Das kannst du dir ungefähr so vorstellen, wenn du in den Laden gehst und du hast richtig Stress. Und du willst was zu essen kaufen, dann ist es viel einfacher du greifst zur Dose Ravioli weil du in der Vergangenheit die Erfahrung gemacht hast, Ravioli Dose aufessen, fertig. Es ist viel unwahrscheinlicher, dass du langsam durch die Gemüseabteilung schlenderst und überlegst, was du kochen könntest. Möglicherweise irgendetwas Neues, was du noch nicht gemacht hast. Das heißt, der Rückgriff auf unsere Vergangenheit ist viel, viel einfacher, als das Antizipieren von Zukunft. Das ist das eine. Das zweite und da nehme ich jetzt mal Bezug zu deiner Steuererklärung ist der unmittelbare Nutzen. Der Nutzen der Steuererklärung, der tritt ja nicht in dem Moment, wo du sie gemacht hast, sondern der tritt ja erst viel, viel später ein, wenn du nämlich die Antwort vom Finanzamt bekommst. Aber ob das ein Nutzen ist, weiß ich jetzt auch nicht. Ja, aber das heißt, wenn ich es mal vereinfache, weil ich mir die letzten Jahre oder weil ich die letzten Jahre, die die Steuererklärung immer auf den letzten Drücker gemacht habe und das funktioniert hat, fällt es mir also anscheinend auch so schwer, aus diesem Muster auszubrechen. Exakt, weil du dafür belohnt worden bist, es auf den letzten Drücker zu machen. Und zwar belohnst du dich durch all die anderen Tätigkeiten, dass du sagst ich belohne mich, dass ich jetzt einen Podcast mache, weil ich die Erfahrung gemacht habe und die Steuererklärung kann ich auch im letzten Moment machen. Und vielleicht hängt es aber auch so ein bisschen mit der Persönlichkeit zusammen. Also es gibt so ganz unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Persönlichkeiten und Ausprägungen von Verhaltenstendenzen. Und da gibt es zum Beispiel so diese Idee, dass es Menschen gibt, die eher dahin tendieren, wir nennen das dann Handlungs- oder Lageorientiert zu sein, also eher kann man sich so als Bauer, als Farmer vorstellen und als Jäger. Also Menschen, die lieber Lust haben, Dinge zu verändern, aktiv sein, unterwegs zu sein und Menschen, die eher Bewahrer sind. Und jemand mit der Steuererklärung, der die sofort macht, der sich ran setzt und loslegt, der will die einfach vom Tisch haben. Los geht's. Riskiert dann aber natürlich auch, dass eher Fehler enthalten sind. Jemand, der die Steuererklärung sich hinlegt und das durchdenkt und noch Belege sucht und überlegt und nochmal Rücksprache hält wird natürlich viel länger dafür brauchen, aber sie wird wahrscheinlich dann auch genauer sein. Und das hat auch ein bisschen was mit der persönlichen Präferenz zu tun. Oder es gibt so diese Ansätze, dass man sagt Steuererklärung ist Schicksal. Das unterschreibe ich. Also nicht das Ausfüllen der Erklärung, sondern das, was am Ende dabei rauskommt. Also es ist total egal, ob die Steuererklärung gleich machst oder später machst, es wird am Ergebnis nichts ändern. Ja, aber was muss ich denn jetzt tun, damit ich einfach das Ding abhake? D as ich aus dem Muster rauskomme? Also ich meine, die Steuererklärung ist ja nur ein Beispiel. Ich habe auch seit zwei Jahren eine Mitgliedschaft im Fitnessclub und ich war auch noch nicht einmal dort. Ich schiebe das auf Corona, ganz klar. Ich hatte einfach nie die Chance. So, und sobald die die Fitnessstudios offen haben, werde ich wahrscheinlich beruflich zu viel zu tun haben. Klar. Aber wann hast du dir denn vorgenommen, in den Fitnessclub zu gehen? Was war denn das? Ich glaube, das ist wie bei vielen Leuten. So nach dem guten Weihnachtsbraten hat man irgendwann gesagt: "Okay, dieses Jahr werde ich aktiver sein." Ich will mich mehr bewegen, ich will mehr an der frischen Luft sein. Januar, Februar ist immer ziemlich kalt und windig. Und dann ist ja so ein kuscheliges Fitnessstudio vielleicht gar nicht so verkehrt. Ja und dann wahrscheinlich auch wie immer - Schnäppchenjäger. Kostet ja nicht viel. Na klar. Also tatsächlich, dieses Thema mit den Vorsätzen ist ja deshalb so schwierig, weil wir sie zu so herausragenden Momenten treffen. Weihnachten. Silvester. Du kannst ja anfangen mit dem guten Vorsatz, jeden Tag. Weil die Frage, ob es ein Jahreswechsel ist, ja nur eine kalendarische Frage. Ja, aber das ist wie mit Kalendersprüche. Das gibt es halt schon immer. Damit wachsen wir auf. Es gibt diese Weisheiten und es ist auch immer schon so, dass man sich für das neue Jahr Ziele vornimmt. Das bekommt man ja auch von seinen Eltern irgendwo übergeholfen, mitgegeben auf den Weg. Genau deshalb ist es so schwierig. Weil wir haben Verhaltensweisen in der Vergangenheit. Du hast dein Essverhalten, du hast dein Einkaufsverhalten, du hast die Art und Weise, was du isst, wie du isst. Und jetzt stell dir vor, du nimmst dir Silvester vor, also zum Jahreswechsel: "Ab heute rauche ich weniger. Esse ich weniger Zucker, gehe ich ins Fitnessstudio." Dann hast du zwar diese große Vornahme, die aber auch unmittelbar an Silvester geknüpft ist, an dieses herausragende Ereignis. Und jetzt braucht es quasi nur einen kleinen Verstoß gegen deine Vorannahme, gegen deinen Vorsatz und da musst du quasi 365 Tage warten, bis ja wieder Silvester kommt. Bis also so ein großer Anlass gegeben ist, um sich wieder so etwas vorzunehmen. Der erste Schritt wäre, dir das nicht an Silvester vorzunehmen, sondern an einem beliebigen Tag, ab Montag. Und wenn ich es Montag nicht schaffe, dann fange ich am Dienstag damit wieder an. Oder Verfall in das Muster ein Montag ist weg, bleiben noch 52. Bleiben noch 52 Montage, aber das sind auf jeden Fall 51 Montag mehr als es Silvester gibt. Ja, die Chance des schlechten Gewissens ist auf jeden Fall größer. Das sehe ich ein. Exakt. Und tatsächlich ist es so, wenn wir Verhalten ändern wollen, dann ist das ein ganz langwieriger Prozess. Und wenn wir diese Verhaltensänderung an ein ganz herausragendes Ereignis plötzlich knüpfen, dann braucht es nur einen kleinen Verstoß. Das heißt, wir fühlen uns irgendwie schuldig, weil wir es nicht geschafft haben, weil wir eben doch noch mal eine geraucht haben oder doch Schokoriegel gegessen haben. Und da ja dann erst mal wieder erst mal kein Silvester ist, macht es auch keinen Sinn, sich sowas vorzunehmen. Zum Beispiel gibt es tolle Untersuchungen dazu, wann eine Ehe tatsächlich Bestand hat. Wenn Menschen lange zusammen sind und heiraten dann oder wenn Menschen kürzere Zeit zusammen sind und dann heiraten. Was glaubst du denn? Wo ist die höhere Wahrscheinlichkeit für eine erfolgreiche Ehe? Ich glaube bei Leuten, die einfach schneller heiraten. Exakt, exakt. Weil jetzt stell dir mal vor, man ist schon so lange zusammen und dann trifft so ein ganz bedeutsames Ereignis ein. Und, ob wir das jetzt formulieren oder nicht, ob man das seinem Partner, seiner Partnerin sagt oder nicht, irgendwie ist mit so einem bedeutsamen Ereignis natürlich auch die Idee einer Veränderung. Die besteht einfach. Wenn man aber so lange zusammen ist, gibt es gar keine Veränderung, das heißt, es gibt ein bedeutsames Ereignis, aber es bleibt alles beim Alten. Und daraus resultiert dann plötzlich eine Enttäuschung. Das wäre so, als wenn der Weihnachtsmann plötzlich inmitten des Jahres vor deiner Tür steht und sagt: "Ich wollt nur mal gucken wie es dir geht." Also wäre das, wenn ich das jetzt richtig verstehe, deine Empfehlung zu sagen: "Leute, wenn ihr lange zusammen seid, glücklich, heiratet nicht?" Genau, dann lasst das. Dann seid doch glücklich, wie es ist. Und dann versucht doch kein herausragendes Ereignis, euch irgendwie zu geben, was irgendwie bei einem von beiden eben doch an eine Erwartung geknüpft ist. Wenn ihr lange glücklich zusammen seid, dann heiratet meinetwegen einmal im Monat, in dem ihr Essen geht und euch was Schönes gönnt, Zeit miteinander verbringt. Ich würde das Thema auch gerne noch mal von einer anderen Perspektive beleuchten. Wir kennen das glaube ich alle. Es gibt ja entscheidungsstarke Menschen und entscheidungsschwache. Also bei mir ist das zum Beispiel so wie mit dem Fitnessstudio. Ich treffe recht schnell Entscheidungen, auch spontan. Die sind nicht immer klug. Ja und dann bin ich Mitglied im Fitnessstudio, weil ich mich halt innerhalb von zwei Tagen entschieden habe: "Ich werde meinen Körper jetzt besser trainieren." Ich habe mir dann auch ganz schnell rausgesucht, welches Fitnessstudio das wird, ohne das jetzt zu nennen. Ich habe das Abo abgeschlossen, also ich bin superschnell eigentlich in die Handlung gegangen. Ja, und dann habe ich in dem Fall jetzt so ein bisschen den Salat. Aber tatsächlich nimm doch nochmal dieses Sprichwort: "Was lange währt, wird endlich gut." Wenn ich mir deine Fitnessstudioaktion angucke, dann sind ja voll ganz viele verschiedene Aspekte da drin. Zum einen hast du selber gerade gesagt, es ist ein Abo. Das heißt, du bemerkst gar nicht mehr, wie dieser schmerzhafte Moment des Geldausgeben eintrifft. Weil das automatisiert passiert. Es ist also, wenn man sich so Untersuchung anguckt: "Wann haben Menschen den größten Schmerz beim Einkaufen?" Dann haben sie die größte Freude, wenn sie die Ware auf dem Einkaufsband sehen, deshalb sind die Abende auch lang. Da mit man seine ganze Ware dort noch mal sehen kann und sagt: "Wow, ich kann mir richtig was gönnen!" Und den größten Schmerz haben wir in dem Moment wo wir bezahlen. Ja logisch. Genau, weil sozusagen in dem Moment, kurz bevor ich bezahle, habe ich die größte Wahlfreiheit. Und in dem Moment wo ich aber gekauft habe, ist die Wahlfreiheit am kleinsten, weil dort habe ich das Geld ausgegeben. Und deshalb ist der Teil hinter der Theke auch so extrem kurz, weil niemand lange die schmerzhaften Gesichter sehen will. Deshalb wird da ratzfatz eingepackt und die Leute verschwinden. Also wir sind tatsächlich schon gut, wenn man sich unsere Konsums ituation anguckt, darauf aus den Genuss sehr lange zu haben und den Schmerz relativ kurz. Und genau das passiert bei deinem Fitnessstudio ja auch. Also, wenn du fragst: "Was kann man jetzt anders machen?" Macht doch einfach mal folgendes. Hänge dir die 25 Euro in die Wohnung. Irgendwo in kleinen Scheinen oder in Münzen. Und dann machst du einfach folgendes, dass du jeden Tag, wenn du diese Münzen nicht benutzt, um Sport zu machen. Doch mal die gleiche Menge Münzen dahin gibst und sagst: "Okay, ich hab heut keinen Sport gemacht. Dann stelle ich zu den zu dem einen Euro 21 Tage pro Monat könnte ich möglicherweise Sport machen. Legt zu dem einen Euro noch einen Euro dazu. Und wenn ich aber Sport mache, kann ich mir den Euro nehmen." Dann wirst du merken, dass du viel häufiger anfängst, Sport zu machen, als kein Sport zu machen. Weil dann fängt es an weh zu tun. Das Fitnessstudio lebt ja aber davon, dass viele Mitgliedschaften bezahlen, aber keiner kommt. Das heißt, wir müssen uns diesen Prozess der Entscheidung viel deutlicher machen. Wir müssen uns diese Verhaltensänderung transparent machen. Die muss uns klar sein. Die müssen wir sehen, die müssen wir spüren, die müssen wir anfassen können. Und du hast ja gerade gesagt, du hast ja vorhin gesagt, was lange währt wird endlich gut, dann spielt ja auch diese Frage des gut seins oder gut werdens eine ganz wichtige Rolle. Wann ist es denn gut? Warum können wir denn so locker darüber reden, dass du Geld ausgibt für ein Fitnessstudio und das du nicht gehst? Hast du eine Idee, warum das eher witzig ist als peinlich. Ich glaube, ich bin nicht der Einzige auf dieser Welt, dem das so geht. Uns kann hier keiner sehen und wir auch keinen, aber eigentlich wäre das jetzt der Moment zu sagen: "Daumen hoch, w enn es euch auch so geht wie mir." Ja, ich glaube, du hast das schon ganz gut beschrieben. Zum einen ist es einfach eine monatliche Abbuchung, zum anderen glaube ich, ich muss es ja nicht aus dem Portemonnaie nehmen. Das ist halt einfach vom Konto runter und ich kriege ja auch nicht jeden Tag, also das wäre glaube ich super spannend. Kann man ja meistens einstellen, wenn du für jede Abbuchung eine SMS bekommst. Also vielleicht ist das auch eine Möglichkeit zu sagen: "Okay, wenn ihr Dinge beginnt und wenn es solche Abogeschichten sind, dann stellt halt im Online-Banking ein, dass Ihr eine SMS bekommt, wann immer eine Abbuchung kommt." Und dann wird man mal sehen, wie viel man hat. Vielleicht motiviert das ja auch. Aber genau da arbeiten ja die Studios, Fitnessstudios und alle anderen Abos genau gegen, da Sie sagen:"Es wird noch günstiger, wenn du ein Jahresabo nimmst." Wenn dieses Abo Dir jeden Tag abgebucht werden würde, jeden Tag ein kleiner Betrag, würdest du auch jeden Tag den Schmerz spüren und daran erinnert werden, dass du schon wieder Geld für ein Fitnessstudio ausgegeben hast, in das du gar nicht gehst. Aber der Jahresbeitrag ist ja meistens noch ein bisschen günstiger, weil da taucht der Schmerz genau einmal auf. Und genau dieses eine Mal nimmt man sich dann vor: "Jetzt gehe ich ins Fitnessstudio!" Und bleibt zu Hause. Das heißt, ich finde es total gut, was du gesagt hast. Daumen hoch, wem es auch so geht! Wir sind natürlich auch in einer Community, in einer Gesellschaft, wo genau dieses Beispiel, nimm ein Abo nutzt es nicht, total akzeptiert ist. Also eher witzig wahrgenommen wird, als der Umstand zu sagen: "Ja, ich schmeiße übrigens Geld zum Fenster raus." Und insofern ist und das ist ein ganz wichtiger, vielleicht sogar ein ganz wichtiger Schlussaspekt zu sagen: "Solange wir mit dem Verhalten oder der nicht erfolgten Verhaltensänderung ganz viele gleiche haben, also ganz viele, die ebenfalls rauchen, die ebenfalls ganz viel Zucker konsumieren, die ebenfalls trinken, die ebenfalls all die Dinge tun die wir uns eigentlich abgewöhnen wollen oder die für euch, die ihr den Podcast hört, oder für dich, der du dir da jetzt vornimmst, vielleicht dein Verhalten zu verändern, solange es noch viele andere gibt, die es auch nicht tun, wirst du jedes Mal auch darin bestärkt." Also schärft den Blick und guck auf die die ihr Verhalten ändern. Das wäre der erste, vielleicht wichtige und gute Schritt das mal anders zu machen. Ja, finde ich ein schönes Schlusswort. Wir wollen es ja auch nicht in die Länge ziehen. Wir hatten ja gesagt, 30 Minuten soll es nicht übersteigen und vielleicht auch hier am Schluss nochmal zum Thema anfangen. Wir haben angefangen, wir haben uns Ziele gesetzt. Und wenn es jetzt auch für die erste Episode das 30 Minuten Ziel ist. Und das halten wir jetzt ein. Vielen Dank fürs Zuhören und bis zum nächsten Mal.